Grünewald lässt grüßen
ESSLINGEN: Werkschau von Petra Pfirmann in der Lorchwerkstatt
von Petra Bail
Man fühlt sich beobachtet im Atelier von Petra Pfirmann. Beim Betreten der Räume in der Lorchwerkstatt, dem ehemaligen Künstleratelier der Stadt über dem Kommunalen Kino, wird der Besucher von suppentellergroßen Augenpaaren verfolgt. Auf Augenhöhe hängen zahlreiche kleinformatige Darstellungen exotischster Tierchen. Feuchtnasenäffchen, Mausmakis, Baby-Geier und ein Vogel Strauß schauen den Betrachter unentwegt und herzbewegend an. Man fragt sich unweigerlich, wer wird hier vorgeführt? Andreas Baur gerät beim Anblick ins Schwärmen. Der Leiter der städtischen Galerie Villa Merkel spricht von einer „sensiblen Malerei“, die in dieser Präzision in der Lorchwerkstatt selten zu sehen war. Die nach alter Schule, feinmechanisch ausgestalteten Bilder dieser merkwürdigen Kreaturen stammen von der polnischen Künstlerin Eveline Konopka. Sie stellt als Gast in den Atelierräumen der Esslinger Künstlerin Petra Pfirmann aus, die noch am kommenden Samstag, 12. Dezember, eine Auswahl ihrer aktuellen Arbeiten in einer umfangreichen Werkschau der Öffentlichkeit präsentiert.
Acryl, Kaffee und Teebeutel
Laut Andreas Baur hat Pfirmann, die durch riesige Videoinstallationen bei „Stadt im Fluss“ und durch subversive Bilder mit Teebeutel samt anregendem Getränk in der Stadt bekannt ist, seit langem Kontakt zu der polnischen Künstlerin, die an der Masurischen Seenplatte lebt. Er erzählt von einer „herausragenden Begabung, einer Perle“ mit labiler Psyche und wenig Geld, die von Pfirmann unterstützt wird. So fand offenbar ein konspirativer Bilder-Transport statt. Die magischen Geisterwesen wurden per Lastwagen aus der Ukraine, der in Polen die Kunst-Fracht an Bord nahm, nach Esslingen geschafft. Bei der Vernissage fanden sie bereits einige Liebhaber.
Die im intensiven Ausdruck hinreißenden Tiergestalten bereichern nun die Werkschau mit den abstrakten Arbeiten Pfirmanns, für die man den Blick bis kurz unter die Atelierdecke heben muss. Ihre charakteristischen Materialien sind Acryl, Kaffe, Teebeutel und Fett mit denen sie von geheimnisvollem Licht erfüllte Bilder schafft, die von mystischer Symbolik sind. Die Stimmung der ausgestellten Werke erinnert laut Baur an den Renaissance-Maler Matthias Grünewald. Spuren von Vergänglichkeit, von Erlebtem finden sich in den Bildern mit den gedeckten Farben. Gewaltig im Ausdruck, fesseln sie den Betrachter durch eine ungeheure Dynamik. Gleichzeitig sind es archaisch-verästelte Chiffren, die zur Auseinandersetzung anregen. „Sich mitteilen, mit der ganzen Seele“, heiße schöpferisch arbeiten, sagte die Mutter, Helga Pfirmann, die in Künstlern die „Vermittler zu unseren Herzen“ sieht.

